Wie sagte einst Wiglaf Droste auf die Frage nach dem Geheimnis eines gut zubereiteten Essens: „Also, wenn es euren Gästen schmecken soll, dann nehmt einfach folgende Zutaten: Selbermachen, Arbeit und Vergnügen. Gern im Kollektiv gleich oder ähnlich Gesinnter. Denn beim Kochen geht’s ja um Inspiration, Lebensfreude und Lachen.“
Exakt um diese Dinge geht es G.Rag y los Hermanos Patchekos auf ihrem 8. Studio-Album. Wieder auf ihrem eigenen Label Gutfeeling Records veröffentlicht, dem Label der „Freunde Selbstgemachter Unterhaltung“, wie sie es einst getauft haben.
Und hey, es geht den Hermanos (noch) immer ums Selbermachen der Dinge, also der Musik. Denkt einfach mal an den einst frischen Esprit von Punk oder an die verrückten Dinge eines Joseph Beuys: „Jeder ist ein Künstler.“ Und na klar, jeder Künstler ist auch von anderen Künstlern inspiriert.
Die Hermanos ließen sich auf ihrem neuen Album How Sweet The Sound von Sun Ra und seinem Arkestra inspirieren und fliegen nun scheppernd auf dem Rocket No.9 in Richtung Venus. Vorwärts – immer vorwärts. Wie auch immer, für was brauchen wir eigentlich Trends in dieser Zeit?
Auch nach nun beinahe 20 Jahren klingen G.Rag y los Hermanos Patchekos immer noch nach alledem, was sie einzigartig und faszinierend macht: Mal ruppig und rau, mal zart und herzerweichend, mal nach Indie der 90er (mit dem sie groß geworden sind) und Einflüssen aus aller Welt. Auf How Sweet The Sound ganz besonders: Cumbia , Cajun, Blues und Space Jazz . Also, alles drin. Es ist noch lange nicht alles gesagt, auch nach dem 8. Album nicht. Deswegen How Sweet The Sound.
Ok, ganz bewusst wählten die Hermanos Rocket No.9, um ihre eigene Space Version auszuleben. Ein Weltraum angefüllt mit Geräuschen, Keksen, Zirpen und Geklapper, angetrieben von den Space Ship Maschinisten, der Patcheko Rhythm Section.
Gottseidank haben sie den Weg zurück auf unserem Planeten wieder gefunden, denn dort sammeln die Hermanos Patchekos auf ihren Konzerten und Touren die schönen und interessanten, die positiven Dinge ein. Wer hätte zum Beispiel gedacht, dass mitten in der Schweizer Bergidylle ein so grandioser Rocket No.9 Landeplatz wie das Cafe Kairo in Bern existiert. Deshalb geht der Cumbia Kairo an genau diesen Ort und seine Menschen.
Ha, es gibt aber noch einen 2. Cumbia auf dieser Platte, der auf den Namen Cumbia Gasolina hört. Klingt zeitgemäß, ist aber vollkommen ohne Widmung. Das ist jetzt eher so, dass die Hermanos seit jeher schon immer ganz ganz große Fans dieser Musik sind. Klar, ist ja auch so ein Melting Pot Ding, diese Cumbia Musik aus Kolumbien. „Stopf alles rein, gut durchschütteln und schau mal, was dabei raus kommt – es sollte halt schon tanzbar sein.“ Hey, und exakt das ist die liebste Herangehensweise oder Zutat der Hermanos. Funktioniert mit jedem Musikgenre.
Deswegen gibt’s auch gleich 2 Gasolina Versions auf dieser Platte: einmal für den Strand und einmal fürs Cafe.
Okay, noch ganz kurz zur Bandbesetzung: G.Rag y los Hermanos Patchekos sind ein mediterranes Rumpel-Arkestra. So bezeichnen sie ihr Genre selbst. Ganz große Rhythmusabteilung, bestehend aus 2 Schlagzeugern und 2 Percussionisten, aus Bläsern – die sogenannten Patcheko Horns, Kontrabass, Akkordeon, vielen Gitarren, Sängern, Melodica … Da kann man sich natürlich fragen: „Sag mal, geht’s nicht auch n bisschen kleiner? Na klar, würde schon gehen, macht aber definitiv weniger Spaß. Wo bleibt denn da die Freundschaft, die Inspiration?“ Womit wir wieder beim Anfang und beim Kochen und dem guten Wiglaf wären. Tja, deshalb bleibt auch beim 8. Hermanos Album alles so, wie es war und immer sein wird: künstlerisch eigenwillig, geschäftlich unabhängig und wirtschaftlich komplett unsinnig.
Seit fast 2 Jahrzehnten bastelt also diese Münchner Formation unauffällig an ihren Platten, betreibt das hauseigene gutfeeling Label, kreiert das Artwork selber, die Aufnahmen werden selbst gemacht, es gibt den eigenen Gutfeeling Recordstore Plattenladen. Halt – warte mal, es gibt sogar ein Restaurant und eine Bar namens Polka, die von 2 Hermanos betrieben wird. Und es gibt auch noch eine Limonade namens Flause. So geht DIY (do it yourself).
Oder wie sagten es die Big Boys, Skate Punk Helden aus Austin/Texas Anfang der 80er Jahre?
Go start your own band!
In diesem Sinne:
Enjoy How Sweet The Sound