BYDE … Sendling Rock City Was machen zwei Musiker, die Bass und Schlagzeug spielen, aber nicht unbedingt als Drum’n’Bass-Duo reüssieren wollen? Genau, sie suchen sich einen gleichgesinnten Gitarristen und starten durch: Marc Bücherl (Vocals, Bass), Björn Blaseg (Drums) und Andi Blab (Guitar) können auf eine illustre Karriere im Münchner Indie- und Progrock-, Hardcore- und Postpunk-Umfeld in Bands wie InPalumbia, A Man Afraid Of His Horse, Carrera oder Sitter zurückblicken und wissen nun ihre über Jahre gewonnenen Skills in dem gemeinsamen Bandprojekt BYDE (spr. „Bude“) auf energetische Weise zu bündeln.
Dass alle drei im (zumindest früher) ziemlich toughen Stadtteil Sendling weit entfernt von der Schick-Schick-A-Schickeria aufgewachsen sind, sei hier als nicht ganz unwichtige Randnotiz erwähnt. Wish you’d get what matters/Wish you’d get what it takes/Don’t you trust anyone dear!/Cause after all it’s just a fake/When they say … it’s only my fault Melodic Post Pop? Indie Punk Popcore? Ist das überhaupt noch Rock? Keine Ahnung, wie man das kategorisieren soll, schreibt die Plattenfirma, das Münchner Kultlabel Gutfeeling Records (u.a. G.Rag y los Hermanos Patchekos).
Fest steht– BYDE geben auf ihrem Debütalbum namens „Tanaco“ Vollgas: Der druckvolle Opener „My Fault“ und das umwerfend zickige „Welcome Idiots“ weisen die Richtung und klingen eher nach Pixies, Breeders, Fugazi oder NoMeansNo denn Beatsteaks, Feine Sahne Fischfilet oder ähnliche Vertreter teutonischer Rockmusik. Kein Wunder, denn die BYDE-Musiker fühlen sich dem US-Indierock und Hardcore der Neunziger Jahre artverwandt, ohne als Kopisten durchzugehen. Auch die eigenen Musikerkarrieren starteten damals, nun wird zum Teil noch weiter zurückgeblickt: Immer wieder schmuggeln sich repetitive Krautrock-Elemente in zum Teil hochmelodische Songs wie „Remember Where You Are“– und hier erweist sich der druckvolle Sänger Marc Bücherl gar als Indie-Crooner.
Dass der Mann mit seinem höchst anspruchsvollen Bassspiel bereits zu InPalumbia-Zeiten Mitte/Ende der Neunziger für Begeisterung unter seiner Zuhörerschaft und höchsten Respekt bei Kollegen wie u.a. dem Autor sorgte, kommt erschwerend dazu. Überhaupt beherrschen BYDE die Königsdisziplin des Trios in der Rockmusik famos: Schnelle Rhythmuswechsel und überraschende Breaks von Drummer Björn Blaseg und Bücherl werden kontrastiert von melodiösen, fast elegischen Passagen, die wiederum durch die intensiven und höchst effektiven Gitarrenriffs von Andi Blab auch mit zum Teil mehrstimmigem Gesang eine packende Dynamik entwickeln.
Und so machen sich die drei Herren im besten Alter auf den Weg in Richtung eines Sehnsuchtsorts: Tanaco is on my way/- is at my side/- is such a better world/But it’s a cold cold world outside/So they say … tough singing. Produziert wurde das Album fast zu gleichen Teilen von Michi Schott im ländlichen Rosecorner Studio, bei dem auch schon Robert Forster aufgenommen hat, und von Tobias Siegert im urbanen Minga Records Studio. Was soll man sagen: Sendling Rock City. Unbedingt reinhören.
Text: Rainer Germann … ist Chefredakteur des IN München Magazins und spielte selbst in diversen Münchner Bands wie Marionetz, Broken Colours, The Mask, Cat Sun Flower, Jesper Munk und Fuck Yeah